Salentiner-Forum

PUBLISHED 13. Jun 2022

 

Entwicklungslinien der Energiewende in Europa

 

Ingmar Wilhelm, KSG-Abiturient des Jahrgangs 1983, hielt am 20.5.2022 vor Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 11 unserer Schule einen Vortrag, in dem er über seine Erfahrungen auf dem Energiesektor sprach.

Ingmar Wilhelm, der 1975 nach Andernach gezogen war und am KSG sein Abitur abgelegt hatte, studierte nach dem Wehrdienst Elektrotechnik mit Schwerpunkt Energiewirtschaft an der RWTH Aachen. Danach ging er zunächst zur PreussenElektra, später zu deren Mutterkonzern VEBA. Nach einiger Zeit als Geschäftsführer Italien der VEBA wechselte er zum italienischen Konzern ENEL, bei dem er zuletzt für die globale Geschäftsentwicklung im Bereich der erneuerbaren Energien verantwortlich zeichnete. Nach einer Zwischenstation in London gründete er die Galileo Green Energy GmbH mit Sitz in Zürich und Mailand, die neue erneuerbare Energieprojekte in Europa entwickelt und realisiert.

Einführend stellte Herr Wilhelm vor der kompletten Jahrgangsstufe 11 dar, dass die jährlichen CO2-Emissionen der Erde aus fossilen Brennstoffen sich seit 1950 auf nunmehr 35 Gigatonnen pro Jahr versiebenfacht haben, früher mit den USA und Europa als Hauptemittenten, die seit etwa zehn Jahren von China überflügelt wurden. Der CO2-Gehalt in der Atmosphäre steigt trotz aller Bemühungen weiter – allein zwischen 2020 und 2021 von 412,5 auf 416,5 ppm. Andererseits ist das von der Sonne bereitgestellte Energiepotenzial ausreichend, um alle Energiebedürfnisse der Menschheit zu decken.

Erneuerbare Energien erfüllen alle vier Anforderungen an einen guten Energiemix. Sie sind grundsätzlich für jedermann zugänglich, finanziell leistbar und kosteneffizient, trotz unvermeidbarer lokaler Beeinträchtigungen (Windräder, Hochspannungstrassen) für die lokale Bevölkerung wie für Energiekunden akzeptabel, sind nachhaltig, schonen Ressourcen und reduzieren Emissionen. Vor allem aber sind sie über längere Zeiträume hinweg sicher und reduzieren durch Diversifizierung Abhängigkeiten von wenigen Lieferanten, wie sie sich derzeit als Folge des Ukraine-Kriegs höchst unangenehm bemerkbar machen.

Auch in der Photovoltaik, deren Produktions- und Wertschöpfungskette noch vor wenigen Jahren von deutschen Unternehmen dominiert und diese Vorreiterstellung dann ohne jede Not aus der Hand gegeben wurde, besteht derzeit eine starke chinesische Dominanz. Die weltweit pro Jahr zusätzlich installierte Leistung von PV-Anlagen hat sich in den letzten 5 Jahren verdoppelt. Neue Solarzellenkonzepte werden die Energieausbeute weiter steigern, mit jährlichen Effizienzgewinnen von etwa 1%. Zentraler Herausforderungsfaktor ist die Zeit: trotz robusten Einschreitens wird es fünf Jahre dauern, die jährlichen europäischen Gasimporte aus Russland um 80% zu reduzieren.

Nach Stand von Januar 2022 sollten die in Europa installierten Anlagenkapazitäten für Photovoltaik sowie Windparks onshore und offshore von derzeit 422 GW um 50 GW jährlich auf ca. 900 GW im Jahre 2030 wachsen. Nach den zusätzlichen Absichtserklärungen vom Mai 2022 sind jährliche Zuwächse von sogar 75-80 GW vorgesehen. Doch Planung und Genehmigung eines Offshore-Windparks verschlingen derzeit 7 Jahre, wozu noch zwei für den Bau hinzukommen. Mit derzeit noch geltenden Genehmigungsprozeduren ist diese Zielsetzung nicht erreichbar.

Als eine Entwicklungslinie der Energiewende nannte Herr Wilhelm die Digitalisierung, die eine effiziente und ressourcenschonende Energieversorgung mit vielen dezentralen Erzeugungseinheiten (früher in Deutschland etwa 2000, jetzt einige Millionen) überhaupt erst ermöglicht. Als kurzzeitig lagerfähigen Puffer für energieintensive Anwendungen benannte er den Wasserstoff. Transport- und Wärmemarkt werden zunehmend elektrifiziert, nicht nur durch Strombedarf für Wärmepumpen, die  Gas- und Ölheizungen ersetzen werden. Auch eine private Solaranlage mit Stromspeicher von 3 kW in Andernach kann familiäre Transportbedürfnisse sichern, denn eine einfache Rechnung zeigt, dass sie beim gegenwärtigen Stromverbrauch von Elektroautos Energie für eine Jahreslaufleistung von 20.000 km für mindestens 20 Jahre bereitstellen kann.

Die Schülerinnen und Schüler zeigten sich von den Ausführungen stark beeindruckt und überzeugten den Referenten mit einigen wohl überlegten Nachfragen, an die sich starker Beifall anschloss. Besonders beeindruckend waren die verwendeten Daten, die nicht jahres- und nicht monats-, sondern fast tagesgenau waren und aufgrund der sowohl durch die Klimawende als auch wegen der kriegerischen Ereignisse in Europa notwendigen politischen Entscheidungen jeden Zuhörer unmittelbar betrafen.

Sven-Erich Czernik

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